My name is „Maaaammiiiii“. Karin „Maaaammiiii“ 9. September 2016 – Kategorien: Karins Blog

Nach zwei Schwangerschaften, Geburten und einem neuen, doch sehr veränderten Alltag bin ich eindeutig schneller gealtert. Das sagt mir mein Spiegelbild. Was ich sehe, sind aber nicht nur schlafferes Gewebe, das Ergebnis der Schwerkraft und geplatzte Äderchen an den Beinen. Nein. Die Veränderung, die vielleicht „Reife“ genannt werden darf, sitzt sehr viel tiefer. Der Ausdruck in meinen Augen und Gesichtszügen. Gewonnenes Wissen durch intensivste Erfahrungen. Ich erinnere mich an Momente und Emotionen, die mit keinem anderen Ereignis gleichzustellen sind.

Ich habe zwei Kinder geboren. Sie sind in meinem Körper entstanden und gewachsen. Eine Tatsache. Eine kaum zu glaubende Tatsache. Vom kleinen, pulsierenden Pünktchen bis zum voll entwickelten Baby, bei dem alles dran ist. Ich denke zurück ans „Schwanger-sein“. Wie ich stolz meinen Bauch präsentierte. Wie mir andere Mütter zulächelten wie Verbündete. Wie sich fremde Menschen auf der Strasse mit mir freuten und mich fragten, wann „es“ so weit sei. Und irgendwann kam die Zeit, in der ich fast aus allen Nähten platzte. Manchmal betrachtete ich mich im Spiegelbild eines Schaufensters und erkannte mich als watschelnde Ente. Eine watschelnde Ente in Stützstrümpfen. Ha! Und das mitten im Hochsommer. Ich schwitzte wie die Sau.

Der Geburtstermin rückte näher. Saures Aufstossen, schmerzender Rücken, halbstündlich Pipi-Box-Besuche, aufgeschwollene Füsse, die kaum mehr in die Schuhe passten, und chronische Müdigkeit. All das wurde zum Schwangerschaftsalltag. Auch nachts. Nicht unbedingt ein Vergnügen. Die XXL-Kleidung umschloss meinen Körper hauteng. Und nicht nur das Gewicht wurde allmählich zur täglichen Herausforderung, sondern auch die Unbeweglichkeit. Schnürsenkel binden, Intimrasur und Fussnägel lackieren brauchten eine Unmenge an Nerven und Verrenkungen. Ich fragte mich, wer ich einst war. Und ob ich je wieder annährend zu dem werden würde.

Und dann der Schrei nach dem ersten Atemzug auf dieser Welt. Gibt es etwas, das ein frischgebackenes Mutterherz mehr berührt? Spätestens dann war es um mich geschehen. Ich mutierte zum Muttertier. Übernahm augenblicklich die Verantwortung für einen kleinen Menschen, der voll und ganz auf mich angewiesen ist. Für den ich alles tun würde, um ihn zu schützen. So viel Nestwärme, Liebe und Geborgenheit geben zu können, ist etwas ganz Wunderbares. Ja, ich bin gerne Mutter. Meistens auf jeden Fall. Aber ich gebe ehrlich und offen zu: Manchmal sehne ich mich zurück. Zurück nach meinem Leben voller Freiheit. In dem es noch ein Wochenende und einen Feierabend gab. In dem ich nicht an hunderttausend Sachen denken musste, bevor ich das Haus verliess. Und in dem ich jederzeit und entspannt aufs Klo gehen konnte, ohne ein an die Türe polterndes, „Maaammiiii“ schreiendes Kind, das am liebsten gleichzeitig auf meinem Schoss sitzen möchten. Während des nächtlichen Fütterns sehe ich mir öfters Ferienfotos an. Von mir und meinem Liebsten. Zwei ausgeschlafene und erholte Menschen schauen mir entgegen. Da waren nur er und ich. Und wir durften uns ganz unseren Bedürfnissen hingeben. Wann und wo immer wir wollten. Mein Gott, war das schön!

Dass wir ein zweites Kind haben, zeigt dennoch, dass es gut ist für mich, so wie es ist. Mehr als gut. Auch wenn meine Augenringe, das vollgekleckerte Shirt, mein öfters genervter Blick und die tiefsitzenden Denkfalten auf meiner Stirn manchmal etwas anderes sagen. Der alltägliche „Mammi-Wahnsinn“ macht mich eindeutig stressresistenter. Denn trötzelnde Kinder, die unsere eben aufgeräumte Wohnung innert kürzester Zeit in ein Chaos verwandeln und der permanente Lärmpegel trainieren meine Nerven zu Drahtseilen. Das Mutterdasein ist ein unvergleichbares Abenteuer. Oh ja! Und es macht das Erwachsenenleben wieder so pur. So echt. Spontanität und Flexibilität stehen wieder hoch oben geschrieben und es geht darum, den jetzigen Moment zu leben und sich von den so gut durchorganisierten Strukturen und Mustern zu lösen und einen neuen Weg zu gehen. Einen Weg, der sich morgen sowieso schon wieder verändert. Ich halte kleine Kinderhändchen, trockne Krokodiltränen und bin unglaublich gerührt, wenn sich meine Kinder an mich kuscheln und mich ansehen mit ihren grossen Augen voller Vertrauen. Und ich wünsche mir nichts mehr, als dass sie sich in ihrem Leben immer voll und ganz geliebt, gewollt und akzeptiert fühlen dürfen.